Anmerkung zu Erklärungsmodell Nr. 1
Nicht immer bewirkt das Verhalten eines Menschen das, was eigentlich mit dem Verhalten beabsichtigt wurde. Ganz im Gegenteil geschieht es sogar ziemlich häufig, dass ein Verhalten genau das Gegenteil der eigentlichen Absicht bewirkt. Und genau das ist auch der Fall, wenn ein Verhalten eine Krankheit hervorbringt. Wir müssen uns also mit folgender Frage beschäftigen:
Wann bringt das Verhalten eines Menschen die damit beabsichtigte Wirkung tatsächlich auch hervor und wann bewirkt es genau das Gegenteil - verstärkt also das, was eigentlich vermieden werden sollte?
Der Unterschied liegt in der Art und Weise, wie das Verhalten angetrieben wird. Es gibt einen Unterschied zwischen dem Ziel eines Verhaltens und dem Antrieb eines Verhaltens:
- In Beispiel 1 ist das Ziel eine gesunde Ernährung, aber der Antrieb zur Änderung der Ernährung ist die Annahme, dass die gegenwärtige Ernährung ungesund ist und der Gesundheit schadet.
- In Beispiel 2 ist das Ziel Gesundheit, aber der Antrieb des hypochondrischen Verhaltens ist die Angst, an Krebs zu erkranken.
Was zunächst wie eine kaum relevante, etwas an den Haaren herbeigezogene Unterscheidung erscheint, ist innerhalb der Psyche eine reale, energetische Verknüpfung von entscheidender Bedeutung:
Jedes Verhalten, das durch eine falsche negative Vorstellung angetrieben wird, führt zu einer zunehmenden realen Verwirklichung der negativen Vorstellung. Das heißt, jedes Verhalten, das von einer negativen (verneinten) Vorstellung getrieben wird, die nicht der Realität entspricht, bewirkt das Gegenteil dessen, was eigentlich damit beabsichtigt wurde.
Das "Ziel" ist, was auf rationaler Ebene als Resultat eines Verhaltens angestrebt wird, was ein Mensch also ganz bewusst glaubt, mit seinem Verhalten anzustreben. Der "Antrieb" hingegen entfaltet sich eher unbewusst. Der Antrieb ist das, was das Verhalten im Sinne einer Kraft ganz real in Bewegung setzt. Der Antrieb ist eine Vorstellung, die mit Emotionen verknüpft ist.
Die menschliche Psyche stellt permanent Berechnungen zu möglichen zukünftigen Entwicklungen an. Sie "projiziert" die gegenwärtige Situation in die Zukunft. Ich bezeichne diese Berechnungen über zukünftige Entwicklungen deshalb als "Zukunftsprojektionen". Die Zukunftsprojektionen werden bewertet und aufgrund dieser Bewertung wird eine Entscheidung bezüglich des eigenen Verhaltens getroffen:
- Bei positiven Zukunftsprojektionen wird das Verhalten so gewählt, dass die Vorstellung von der Zukunft möglichst auch eintrifft.
- Bei negativen Zukunftsprojektionen wird das Verhalten so gewählt, dass die negative Entwicklung nach Möglichkeit verhindert wird.
Die "Zukunftsprojektionen" sind die Vorstellungen, welche das Verhalten antreiben.
Aber nicht jede Zukunftsprojektion, welche die Psyche anstellt, stimmt auch. Grundlage der Zukunftsprojektionen sind Annahmen über die Realität, die richtig oder auch falsch sein können. Es gibt 4 Fälle zu unterscheiden:
- eine positive Zukunftsprojektion, die richtig ist: Antrieb und Ziel des Verhaltens stimmen überein, Ziel wird erreicht
- eine positive Zukunftsprojektion, die falsch ist: Antrieb und Ziel des Verhaltens stimmen überein, Ziel wird nicht erreicht, aber es gibt eine evolutionäre Annäherung an das Ziel. Ich bezeichne diesen Fall als "die positive Ausprägung des Evolutionsprinzips". (Siehe auch mein Buch "Das Evolutionsprinzip")
- eine negative Zukunftsprojektion, die richtig ist: Antrieb und Ziel des Verhaltens sind gegensätzlich, aber das Ziel wird erreicht. Es handelt sich um eine "notwendige Gegenmaßnahme". In diesem Fall wird das Verhalten zwar zunächst durch eine negative Vorstellung initiiert, aber es kommt bei der Umsetzung der Lösung zu einem Umschalten auf eine positive Zielvorstellung.
- eine negative Zukunftsprojektion, die falsch ist: Antrieb und Ziel des Verhaltens sind gegensätzlich, das Ziel wird nicht erreicht, sondern ganz im Gegenteil bewirkt das Verhalten eine stetige Annäherung an die negative Vorstellung. Das ist der Fall der "negativen Ausprägung des Evolutionsprinzips".
Also immer dann, wenn die Vorstellung, welche das Verhalten antreibt, nicht mit der Realität übereinstimmt, wird nicht das Ziel des Verhaltens erreicht, sondern es gibt eine evolutionäre Annäherung an die treibende Vorstellung. Das ist, was ich als "Evolutionsprinzip" bezeichne. Wenn es sich dabei um eine positive Vorstellung handelt, dient das Evolutionsprinzip unseren Interessen und bei einer negativen Vorstellung wirkt es unseren Interessen entgegen (Fall Nr. 4).
Dieses Buch beschäftigt sich ausschließlich mit Fall Nr. 4, denn er erklärt die Entstehung zahlreicher Krankheiten, die als unheilbar oder chronisch erfahren werden. Die Krankheiten können deshalb nicht geheilt werden, weil die tatsächliche Ursache innerhalb der Psyche nicht gesehen wird: Eine falsche Vorstellung, aus der ein zwanghaftes Verhalten erwächst, welches einen Großteil der psychischen Energie des Betroffenen verschlingt.
Mentale Techniken wie positives Denken basieren auf dem Irrtum, man könne solche Zusammenhänge einfach so durch mentale Anstrengung umkehren. Das funktioniert aber nicht, weil die mentale Anstrengung an den energetischen Gegebenheiten innerhalb der Psyche gar nichts ändert. Das ist ungefähr so, als würde man auf eine Flasche mit Gift ein Etikett mit der Aufschrift „Saft“ draufkleben. In der Flasche ist aber immer noch das Gift drin, egal was auf dem Etikett steht. Die negative Getriebenheit bedeutet nämlich, dass dem Betroffenen keine tatsächlich wirksame Lösung bekannt ist. Und an diesem Zustand können weder mentale Techniken noch Medikamente etwas ändern. Deshalb erscheinen die Krankheiten, um die es hier geht, als unheilbar.
Aber es gibt einen Weg der Heilung. Doch bevor ich dazu komme, möchte ich erst noch den eben beschriebenen Zusammenhang an einem Beispiel verdeutlichen, das vielleicht nicht unbedingt als Krankheit gesehen wird, das aber sehr viele Menschen in seinen negativen Auswirkungen betrifft: